Ziel ist die Bewahrung, Erhaltung und angemessene Verbesserung der biologischen Vielfalt im Konsens mit den nationalen und internationalen Verpflichtungen (z.B. FFH- und Vogelschutzrichtlinie). Die Waldbewirtschaftung berücksichtigt dabei die Erkenntnisse der wissenschaftlichen Forschung, insbesondere der Naturwaldforschung, um im Rahmen von Ökosystemdienstleistungen bestmöglichen Nutzen aus natürlichen Strukturen und Prozessen zu ziehen, die biologische Vielfalt zu sichern und naturnahe klimaangepasste Bestände aufzubauen. Führt der Schutz der Biodiversität zu unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Nachteilen für den Waldbesitzer, so sollte dies durch Förderprogramme oder Maßnahmen des Vertragsnaturschutzes kompensiert werden.
4.1 Mit Ausnahme natürlicher Reinbestände werden Mischbestände mit standortgerechten Baumarten erhalten bzw. aufgebaut. Verjüngungsmaßnahmen werden genutzt, um Mischungsanteile zu erhöhen. Dabei genießen klimatolerante Herkünfte heimischer Baumarten eine besondere Beachtung. Bei der Beteiligung fremdländischer Baumarten wird sichergestellt, dass es durch deren Naturverjüngung nicht zu einer Beeinträchtigung der Regenerationsfähigkeit anderer Baumarten und damit zu deren Verdrängung kommt.
a) Bei einem Anteil von Mischbaumarten ab 10 % wird ein Bestand als gemischt angesehen.
b) Eine Baumart gilt dann als standortgerecht, wenn sie sich auf Grund physiologischer und morphologischer Anpassung an die Standortbedingungen in der Konkurrenz zu anderen Baumarten und zu Sträuchern, Gräsern und krautigen Pflanzen in ihrem gesamten Lebenszyklus von Natur aus behauptet, gegen Schäden weitgehend resistent ist und die Standortskraft erhält oder verbessert. Die Bewertung erfolgt in der Gesamtbetrachtung aller drei Kriterien Konkurrenzkraft, Sicherheit und Pfleglichkeit. So können auch Baumarten, zu deren Gunsten steuernde Eingriffe erfolgen (z.B. Eiche in Mischbeständen mit Buche) standortgerecht sein.
4.2 Seltene Baum- und Straucharten werden gefördert.
4.3 Strukturreiche Waldränder bieten einer Vielzahl von teils seltenen Pflanzen- und Tierarten einen Lebensraum. Sie haben zudem eine positive Wirkung auf das Waldinnenklima und können die Gefahr von Windwurf mindern. Der Waldbesitzer fördert struktur- und artenreiche Waldränder.
4.4 Auf geschützte Biotope und Schutzgebiete sowie gefährdete Tier- und Pflanzenarten wird bei der Waldbewirtschaftung besondere Rücksicht genommen.
4.5 Biotopholz, z.B. Totholz, Horst- und Höhlenbäume, wird zum Schutz der biologischen Vielfalt in angemessenem Umfang erhalten und gefördert. Verkehrssicherungspflicht, Waldschutz- und Arbeitsschutzvorschriften haben hierbei jedoch Priorität. Neu aufzustellende Betriebspläne beinhalten auch die Thematik „Biotopholz im Wald“ (siehe Leitfaden 5). Die Herkunfts- bzw. Verwendungsempfehlungen für forstliches Saat- und Pflanzgut werden eingehalten.
4.7 Saat- und Pflanzgut mit überprüfbarer Herkunft wird verwendet, soweit es für die jeweilige Herkunft am Markt verfügbar ist.
a) Die Überprüfbarkeit der Herkunft (Identität) wird durch ein von PEFC Deutschland anerkanntes Verfahren (z.B. ZÜF oder FFV) bzw. kontrollierte Lohnanzucht sichergestellt.
Die Wildlingswerbung und deren interne Verwendung sowie die Verwendung im eigenen Forstbetrieb erzeugten Saat- und Pflanzgutes bleiben von dieser Regelung unberührt.
4.8 Gentechnisch veränderte Organismen kommen nicht zum Einsatz.
4.9 An die zu verjüngende Baumart angepasste Verjüngungsverfahren werden angewendet. Der natürlichen Verjüngung wird der Vorzug gegeben, wenn die zu erwartende Verjüngung standortgerecht und qualitativ wie quantitativ befriedigend ist und eine Pflanzung aufgrund eines geplanten Waldumbaus nicht erforderlich ist.
4.10 Kahlschläge werden grundsätzlich unterlassen. Ausnahmen sind zulässig, wenn ein Umbau in eine standortgerechte Bestockung oder die Verjüngung einer standortgerechten Lichtbaumart aus dem Altbestand auf anderem Wege nicht möglich ist, wenn aufgrund kleinstparzellierter Betriebsstruktur andere waldbauliche Verfahren nicht sinnvoll sind oder aus zwingenden Gründen des Waldschutzes, der wirtschaftlichen Situation des Waldbesitzers, der Verkehrssicherungspflicht oder aufgrund von behördlichen Naturschutzplanungen.
a) Kahlschläge sind flächige Nutzungen in Beständen ohne Verjüngung, die auf der Fläche zu Freilandklima führen.
b) Kleinflächige Nutzungen, die der Entwicklung einer natürlichen Verjüngung oder dem Aufbau mehrstufiger Bestandesabfolgen dienen, und historische Waldnutzungsformen (Niederwaldbewirtschaftung) gelten nicht als Kahlschläge.
c) Zwingende Gründe der wirtschaftlichen Situation des Waldbesitzers sind wirtschaftliche Notlagen, die auf Anforderung gegenüber dem Zertifizierer in geeigneter Weise zu belegen sind.
4.11 Angepasste Wildbestände sind Grundvoraussetzung für naturnahe Waldbewirtschaftung im Interesse der biologischen Vielfalt. Der Waldbesitzer als Eigenjagdbesitzer oder als Mitglied einer Jagdgenossenschaft wirkt im Rahmen seiner jeweiligen persönlichen und rechtlichen Möglichkeiten auf angepasste Wildbestände hin (siehe Leitfaden 6).
a) Wildbestände gelten dann als angepasst, wenn die Verjüngung der Hauptbaumarten ohne Schutzmaßnahmen möglich ist, die Verjüngung der Nebenbaumarten gegebenenfalls mit vertretbarem Aufwand gesichert werden kann und frische Schälschäden an den Hauptbaumarten nicht großflächig auftreten.