Erfolgreiches erstes PEFC „Forum Zertifizierung“: Über 100 Teilnehmer diskutieren über Bewertung von Bewirtschaftungsvorgaben

PEFC Deutschland initiiert Diskurs zur Frage, wie sich die Wirkung der Waldzertifizierung messen lässt

Stuttgart, 18.07.2017. Zum erstmals von PEFC Deutschland veranstalteten „Forum Zertifizierung“ versammelten sich über 100 Teilnehmer auf der Wartburg in Eisenach, um unter Moderation von Dr. Stefan Rösler (oecoach) über das Thema „Bewertung von Bewirtschaftungsvorgaben – Ansätze und Fallbeispiele“ zu diskutieren. Insgesamt sieben Vorträge von Repräsentanten des Waldbesitzes, der Umweltverbände sowie der Forstwissenschaft beleuchteten ökologische, ökonomische und soziale Auswirkungen von Waldzertifizierungssystemen.

Dr. Michael Berger, stellvertretender Geschäftsführer von PEFC International, stellte aus Sicht einer Zertifizierungsorganisation die Methoden vor, mit denen die Wirksamkeit des Instruments “Waldzertifizierung“ eruiert werden kann. Er machte deutlich, dass auf lange Sicht nur solche Zertifizierungssysteme am Markt bestehen werden, deren Wirksamkeit auch tatsächlich zu belegen ist.

Als Repräsentant aus Forschung und Lehre beleuchtete Prof. Dr. Sven Wagner, Inhaber der Professur Waldbau der Technischen Universität Dresden, verschiedene Bewirtschaftungsvorgaben. Er kritisierte die oft starren, in ihrer Form sehr verkürzten Zertifizierungsstandards und plädierte für Anforderungsprofile, die auf die individuelle waldbauliche Situation angepasst sind.

Die Programmleiterin Wald beim WWF Deutschland, Dr. Susanne Winter, referierte über die naturschutzfachliche Bewertung von Zertifizierungsanforderungen im Allgemeinen und stellte ihre konkreten Anforderungen an ein wirksames Waldzertifizierungssystem vor. So sollte auf Ergebnisse des ökologischen Monitorings zurückgegriffen, ökologische Indikatoren bei der Standardsetzung berücksichtigt und Wald¬experten der Nichtregierungsorganisationen hinzugezogen werden.

Prof. Dr. Andreas W. Bitter, Vorsitzender von PEFC Deutschland e. V. und Leiter des Instituts für Forstökonomie und Forsteinrichtung der TU Dresden, beleuchtete in seinem Vortragsteil, wie die Zertifizierung monetär bewertet werden kann. Eine funktionale Bewertung sollte demnach eine Beratungs- und Entscheidungsfunktion für den Waldbesitzer darstellen und eine nutzenorientierte monetäre Bewertung möglichst aller Standardwirkungen einschließen. Es wurde deutlich, dass ein Zertifizierungsinstrument praxistauglich austariert sein muss, damit es für alle Waldbesitzertypen erschwinglich ist.

Ein Fallbeispiel präsentierte Dr. Josef Stratmann, der als Unternehmensberater im Auftrag eines großen kommunalen Forstbetriebes die ökonomischen Konsequenzen einer FSC-Zertifizierung untersucht hatte. In seinem Referat schlüsselte er auf, welche monetären Auswirkungen etwa der Nutzungsverzicht durch Flächenstilllegungen, waldbauliche Veränderungen, eingeschränkte Baumartenwahl oder Mehraufwand in der hochmechanisierten Holzernte auf den Gemeindehaushalt hätten.

Im nachfolgenden Vortrag stellte Eckhard Kropla, Revierförster im Stadtwald Lübeck, das Lübecker Waldkonzept vor. Dabei hob er den Gewinn aus ökologischer Sicht, den der Stadtwald durch das Konzept der naturnahen Waldnutzug erzielt, hervor und wies daraufhin, dass die Stadt Lübeck bewusst entschieden habe, ökonomische Faktoren bei der Waldbewirtschaftung weniger stark in den Vordergrund zu rücken. In seinen Ausführungen wurde er von Martin Levin unterstützt, der seit über 30 Jahren das städtische Forstamt Göttingen leitet und das von ihm mitentwickelte Lübecker Modell im Stadtwald Göttingen ebenfalls umsetzt

Einen Vergleich der Auswirkungen von PEFC und FSC auf Arbeitsverfahren und Gesundheitsschutz stellte Prof. Erik Findeisen, Professor für Waldarbeit, Forstnutzung und Holzmarktlehre an der Fachhochschule Erfurt, in den Fokus seines Vortrags. Angesichts der präsentierten Zwischenergebnisse seines Forschungsprojektes im Thüringer Staatswald wurde der Mehraufwand, den das Land im Falle einer zusätzlichen Zertifizierung nach FSC zu tragen hätte, deutlich.

Wie bereits in den Referaten zeigte auch die anschließende Diskussionsrunde, in welchem Spannungsfeld ein Waldzertifizierungssystem agieren muss: Es soll den Ansprüchen aller Interessengruppen am Wald gerecht werden und dabei alle Aspekte der Nachhaltigkeit möglichst gleichwertig berücksichtigen. Gleichzeitig muss es jedoch auch für Waldbesitzer und Förster, die es umsetzen sollen, praktikabel und bezahlbar bleiben. Nicht zuletzt soll es variabel genug sein, um veränderte Rahmenbedingungen und neueste Erkenntnisse aus der Wissenschaft implementieren zu können. Prof. Bitter betonte zum Schluss, dass sich PEFC als „System der Vernunft“ Fragen nach den Auswirkungen der Zertifizierung stets seriös und kontinuierlich stellen wird, um gleichermaßen seine Glaubwürdigkeit, wie auch seine Praxistauglichkeit, zu bewahren.

Die Vorträge können eingesehen werden unter https://www.dropbox.com/sh/3hnmzqlbdk38iwd/AADZEUFdYJoiZV220YnxBiEma?dl=0 .

Über das PEFC-„Forum Zertifizierung“:

Das „Forum Zertifizierung“ wurde am 05.07.2017 von PEFC Deutschland erstmalig durchgeführt und in die jährliche PEFC-Mitgliederversammlung auf der Wartburg in Eisenach eingebettet. Aufgrund des großen Erfolgs soll es 2018 mit einem neuen Themenschwerpunkt erneut durchgeführt werden.

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Catrin Fetz
Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit