Rückblick: Zweites PEFC-Seminar „Zu viel Wild im Wald?“
Große Herausforderungen für die kommenden Jahre
Wald und Wild gehören untrennbar zusammen, sorgen aber auch für Konfliktpotential in der Forstwirtschaft. Wer hochwertiges Holz nutzen und auf eine baumartenreiche Naturverjüngung setzen will, braucht ein gut funktionierendes Wildbestandsmanagement, um bestehende Zielkonflikte aufzulösen.
In den PEFC-Audits in Nordrhein-Westfalen werden immer wieder Abweichungen vom Standard unter Punkt 4.11 "Angepasste Wildbestände" festgestellt, die in schweren Fällen zum Entzug der PEFC-Teilnehmerurkunde führen können.
Deshalb hat es sich die Regionale PEFC-Arbeitsgruppe NRW e.V. seit einigen Jahren zur Aufgabe gemacht, den PEFC-Standard-Punkt 4.11, welcher „angepasste Wildbestände“ als Grundvoraussetzung für eine naturnahe Waldbewirtschaftung im Interesse der biologischen Vielfalt fordert, als Schwerpunktthema in den Fokus zu rücken. Die Lage hinsichtlich der vorgefundenen Schäl- und Verbissschäden im Wald ist nach wie vor äußerst angespannt. Fragen zu den Ursachen der hohen Waldbelastung durch Wild in den besuchten Forstbetrieben, zur Wildbestandsregulierung oder zur Gestaltung von Jagdpachtverträgen geben immer wieder Anlass zu intensiven Diskussionen. Hinzu kommt, dass Hitze und Dürre und die massenhafte Ausbreitung von Borkenkäfern unsere Wälder in den vergangenen Jahren stark getroffen haben. Der Wald hat sich sehr stark verändert. Es sind zum Teil riesige Kahlflächen entstanden, auf denen jetzt neuer Wald heranwachsen muss. Dieser Wald sollte aus möglichst zahlreichen Baumarten bestehen, damit er dem Klimawandel standhält. Es ist unmöglich, diese vielen und großen Flächen durch Zäune und andere Maßnahmen vor Wildverbiss zu schützen. Da Rehe und Hirsche die Knospen und Triebe junger Bäume abbeißen und seltenere Mischbaumarten auf diese Weise innerhalb weniger Jahre verloren gehen können, müssen die Wildbestände angepasst werden.
Nach unserer ersten, stark nachgefragten Schulung zur „Wald-Wild-Thematik“ in Schleiden in der Nordeifel, fand nun unsere zweite Schulung im :metabolon, in Lindlar statt. Die Resonanz war auch diesmal groß. Für die 70 angemeldeten Teilnehmerinnen und Teilnehmern gab es am 30. August 2022 vier Fachvorträge. Herr Dr. Dirk Louy, Leiter der Obersten Jagdbehörde, erklärte die rechtlichen Grundlagen und ging auf die aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen ein. Uwe Schölmerich, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft naturgemäße Waldwirtschaft, Landesgruppe NRW und dessen Vorsitzender bis zum Ende des letzten Jahres, zeigte den Anwesenden verschiedene Waldbilder und erklärte, wie die jeweiligen Waldeigentümer einen artenreichen Mischwald schaffen konnten. Er ging dabei auch auf verschiedene Jagdkonzepte ein. Robert Schmitz, Vorsitzender der FBG Wermelskirchen und Bjarne Hørup, Revierpächter und Hegeringleiter Wermelskirchen, zeigten den Teilnehmern, wie in Wermelskirchen Waldbesitzende und Jäger zusammenarbeiten. Sie machten noch einmal deutlich, dass angepasste Wildbestände nur gemeinsam erreicht werden können.
Die sich nach der Mittagspause anschließende praktisch orientierte Exkursion in den Wäldern der Gräflich von Spee´schen Forstverwaltung wurde genutzt, um weiterhin intensiv zu diskutieren. Christof Riedesel, Leitender Auditor der DIN CERTCO Gesellschaft für Konformitätsbewertung mbH, erklärte den Teilnehmenden, worauf es ihm als Auditor ankommt. Er forderte die Teilnehmenden auf, sich auf der angrenzenden Kalamitätsfläche nach Verjüngung umzusehen. Zwölf verschiedene Baumarten wurden gefunden. Es wurde kaum Verbiss festgestellt. Außerdem war das Waldweidenröschen (Epilobium angustifolium) als Indikatorpflanze (Rehe finden diese krautige Pflanze aufgrund des Geschmacks unwiederstehlich) überall zu finden.