PEFC-Expertenforum rückte den Rohstoff Holz ins rechte Licht

Viertes PEFC-Forum und 25 Jahre PEFC: Nachhaltig handeln, nachhaltig kommunizieren

Podiumsdiskussion auf dem vierten PEFC-Forum: Moderator Dr. Christopher Gärtner, Leony Dörr, Dr. Horst Sproßmann, Wilhelm Unnerstall sowie PEFC-Geschäftsführer Dirk Teegelbekkers. Foto: © KOLLAXO

Mehr als 100 Expertinnen und Experten aus Politik, Verwaltung sowie Forst- und Holzwirtschaft diskutierten am 3. Juli auf dem vierten PEFC-Forum in Berlin darüber, wie die nachhaltige Nutzung des Rohstoffes Holz sowohl die Politik als auch die Öffentlichkeit weiter überzeugen kann. Anhand der Themenfelder Holzbau, Kommunikation, Naturschutz und Zertifizierung berichteten renommierte Referentinnen und Referenten über ihre Erfahrungen. Die Keynote-Rede zum Einstieg hielt Bundesminister a.D. Joschka Fischer. Abschluss der Veranstaltung bildete eine Feier zum Jubiläum 25 Jahre PEFC.

Stuttgart, 09.07.2024. Holz ist ein vielseitiger, nachhaltiger sowie klima- und umweltfreundlicher Werk- und Baustoff. Seine Vorteile gegenüber anderen Materialien müssen der Öffentlichkeit überzeugend und zielgruppenaffin kommuniziert werden. Wie, das referierten und diskutierten auf Einladung von PEFC Deutschland am 3. Juli 2024 eine Vielzahl von Stakeholdern und Fachleuten im Berliner frizzforum unter dem Motto „Nachhaltig handeln, nachhaltig kommunizieren. Den Rohstoff Holz ins rechte Licht rücken.“ Ein weiterer Höhepunkt des bereits vierten PEFC-Forums bildete eine feierliche Rückschau auf die Arbeit von PEFC anlässlich des 25-jährigen Bestehens der Organisation.

Begrüßung und Einführung in das Thema

Peter Gaffert, Vorsitzender von PEFC Deutschland sowie langjähriger Oberbürgermeister von Wernigerode und Nationalparkleiter begrüßte 110 Gäste. Er stellte dabei die „Charta für Holz“ als Schwerpunkt des Forums heraus. Bezogen auf den Veranstaltungstitel machte Gaffert deutlich, dass nachhaltiges Handeln ebenfalls nachhaltige – oder besser – verantwortungsvolle und klare Kommunikation benötige. Zudem verhelfe eine Prise Humor zu gelungener Ansprache.

Im Anschluss richtete der Generalsekretär von PEFC International, Dr. Michael Berger, seine Grußworte an die Teilnehmenden und betonte, dass PEFC Deutschland ein wichtiger Pfeiler innerhalb der PEFC-Organisation sei, die in insgesamt 58 Ländern vertreten ist.

Keynote-Speaker Joschka Fischer wünschte PEFC weiterhin viel Erfolg sowie Durchhaltevermögen. Foto: © KOLLAXO

Joschka Fischer mit nachdenklichen Tönen und dem Appell, weiter durchzuhalten

In seiner Keynote hob Joschka Fischer zwei Faktoren heraus, die eine gelungene Transformation zur Nachhaltigkeit gefährdeten: das Wachstum der Weltbevölkerung sowie das Wachstum der Bedürfnisse. Der globale Süden melde seine Ansprüche auf dieselbe Wohlstandsentwicklung an, wie sie der globale Norden innerhalb der vergangenen 200 Jahre durchlaufen habe. Verhängnisvollerweise sei eine globale gerechte Verteilung des Wohlstands eben auch ein bedeutsamer Aspekt von Nachhaltigkeit. Fischers Zukunftserwartungen fielen hinsichtlich des Ressourcenschutzes entsprechend pessimistisch aus; diese seien nicht ideologisch begründet, sondern eine Folge der Physik: Dass sich Indien nun so entwickle wie China in den letzten Jahrzehnten, sei das ein realistisches Szenario.

Bei der gesellschaftlichen Akzeptanz der Nachhaltigkeitstransformation habe es die Kommunikation aktuell schwer, denn große Krisen und Ängste – vor allem Kriegs- und Verlustängste – würden alle Nachhaltigkeitsbestrebungen überlagern. Gleichzeitig betonte er die Glaubwürdigkeit der Forstleute in der Nachhaltigkeitskommunikation und wertschätzte ihre fundierten Ansätze sowie ihr unerlässliches Durchhaltevermögen. Fischer betonte, dass Regeln und Standards für den Wald und die Holzverwendung Sinn ergeben, und wünschte PEFC zum Jubiläum aufrichtig Erfolg für das weitere Tun.

Rund 120 Teilnehmende konnten auf dem vierten PEFC-Forum begrüßt werden. Foto: © KOLLAXO

Thematische Einordnung

Marcus Kühling, Referent für Öffentlichkeitsarbeit bei der Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe (FNR), thematisierte das Ziel der Charta für Holz 2.0: Politik und Gesellschaft in einen kontinuierlichen Dialogprozess zu bringen. Derzeit fördere die FNR rund 1.200 Forschungsprojekte, deren gemeinsames Ziel es sei, den Wald als Ökosystem zu erhalten. Kommunikation solle laut Kühling eher auf der faktenbasierten Ebene stattfinden als auf der emotionalen. Die FNR stelle entsprechende Materialien bereit, beispielsweise in Form von Infografiken, Fach- und Verbraucherinformation mittels Broschüren oder Websites sowie gezielter Medienarbeit unter Einbeziehung der Sozialen Medien.

Holzbau – Zugpferd für die Holzverwendung

Dr. Benjamin Bongardt, von der Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt referierte im Anschluss zur nachhaltigen Beschaffungspolitik des Landes Berlin und berichtete von Erfahrungen bei der Holzbeschaffung. Anhand einiger Architekturbeispiele belegte er, dass die Öffentliche Hand ein großer Nachfrager in der Holzbeschaffung sei. In mehreren Programmen realisiere die Stadt Berlin Nachverdichtungs- sowie Holzerweiterungsprojekte. Durch modulare Ergänzungsbauten aus Holz sind beispielsweise Sporthallen von Schulen realisiert worden. In diesem Kontext kritisierte Marian Freiherr von Gravenreuth, Ehrenvorsitzender von PEFC Deutschland, die Entscheidung der Berliner Umweltsenatorin Manja Schreiner (CDU), die Holzernte in Berliner Wäldern auszusetzen: Holzbau zu propagieren, aber die Waldbewirtschaftung einzuschränken, das passe nicht zusammen.

Lars Krückeberg, Gründer des Architekturbüros GRAFT, berichtete von erfolgreich in Holzbauweise umgesetzten Projekten sowohl in Berlin als auch in den USA. Architektur sei naturbedingt ein großer Energiekonsument (Stichwort Heizen, Kühlen), daher spiele für den Architekten das Bauen mit nachwachsenden Rohstoffen eine besondere Rolle. Die Klimabilanz eines realisierten Wohnhauses sei eindrucksvoll: Durch den Einsatz von Holz und Lehm generiere das Haus mehr Energie, als es verbrauche, sodass es sogar das E-Auto in der Garage mit Energie versorgen könne. Die Architekten müssten aus seiner Sicht nicht mehr von den Vorteilen des Bauens mit Holz überzeugt werden. Handlungsbedarf bestehe eher auf der Seite der Bauherren.

Hannsjörg Pohlmeyer vom Holzbau-Cluster Rheinland-Pfalz bemängelte in seinem Impulsvortrag zur Nachfrage nach Beratungsleistungen rund um Holzbau, dass Transformationsprozesse in der Bauindustrie sehr schleppend verliefen. Hier bilde Deutschland noch immer das Schlusslicht. In der anschließenden Podiumsdiskussion wurde unter anderem die Frage erörtert, was die Charta Holz 2.0 in Bezug auf den Holzbau bereits erreicht hat. Pohlmeyer sieht auf Länderebene positive Entwicklungen.

Den Rohstoff Holz ins rechte Licht rücken

Leony Dörr vom Deutschen Holzwirtschaftsrat stellte im nächsten Themenblock die langfristig (mindestens bis 2030) angelegte Kampagne „Holz rettet Klima“ vor. Ziel sei es, Politik und Gesellschaft von Holznutzung und nachhaltiger Waldbewirtschaftung als Weg zur Klimastabilisierung zu überzeugen. Die Zielgruppe sei zunächst die Holzbranche selbst, die als Multiplikator durch starke Botschafter und weitere Bausteine unterstützt werden solle.
Teilnehmer der anschließenden Podiumsdiskussion waren neben Leony Dörr Dr. Horst Sproßmann, Pressesprecher von ThüringenForst, und Wilhelm Unnerstall von Unnerstall Holzmarketing. Gemeinsam wurden Möglichkeiten erörtert, wie Holz- und Forstwirtschaft gut zusammenarbeiten können. Wilhelm Unnerstall gab zu bedenken, dass aus seiner Sicht alle benötigten Mittel sowohl finanzieller Art als auch Kommunikationswege vorlägen und bekannt seien. Man müsse lediglich ins Tun kommen.

Naturschutz versus Holznutzung

Nachfolgend stand das Konfliktfeld Naturschutz versus Holznutzung im Fokus. Das Streitgespräch führten Prof. Dr. Andreas Bitter, Vorsitzender der AGDW – Die Waldeigentümer, und Prof. Dr. Pierre Ibisch von der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde. Hier wurden kontrastierende Meinungen sehr deutlich und von beiden Seiten vehement verteidigt. Prof. Ibisch warnte vor einer „Wohlfühlwissenschaft“, die wissenschaftliche Erkenntnisse vereinfache und somit verwässert darstelle. Prof. Bitter wiederum gab zu bedenken, dass 80% des deutschen Waldes wirtschaftlich genutzt werde und der Wald mehr Funktionen als nur Naturschutz zu erfüllen habe.

Projektzertifizierung und Regional-Label

Der letzte Teil des Forums widmete sich der PEFC-Projektzertifizierung und dem PEFC-Regional-Label. Stefan Nagl von der Bautechnischen Versuchs- und Forschungsanstalt Salzburg erläuterte den Unterschied zwischen Projektzertifizierung und der „normalen“ Chain-of-Custody-Zertifizierung. Als positives Beispiel einer gelungenen Projektzertifizierung stellte er einen österreichischen Kindergarten vor, der aus PEFC-zertifiziertem Holz errichtet wurde. Dr. Jürgen Bauer, Geschäftsführer der HW-Zert Holz- und Waldzertifizierungsgesellschaft mbH aus Attenkirchen, legte den Schwerpunkt seines Impulses auf heimisches Holz und Regionalität. Nur so könne man sich etwa unabhängig machen von extremen Preissprüngen.

Das Video zeigt die Entstehungsprozesse der Graffitis anlässlich "25 Jahre PEFC".

Feier zu 25 Jahre PEFC

Im Anschluss an das Forum wurde gemeinsam auf „25 Jahre PEFC“ angestoßen. Der Street-Art-Künstler Philipp Müller (Beatsen) gestaltete ein spontanes Kunstwerk in Paste-Up-Technik. Bei der Wunschbaum-Fotoaktion konnten Besucher ihre Wünsche für PEFC hinterlassen. Die Ausstellung der Jubiläums-Graffitis präsentierte Fotografien der sechs ausgewählten Objekte. Ergänzend lief ein "Making-of-Graffiti"-Video. Anhand von Zeitraffer-Aufnahmen konnten die Besucher so „live“ beim Entstehungsprozess der teils monumentalen Graffiti-Kunstwerke dabei sein. Schließlich bildete der Jubiläumstag den Startschuss für die gemeinsame instagram-Serie „Mittwochs-Reels“ mit den Machern von „forst erklärt“, in denen sie unterschiedliche Aspekte von PEFC-zertifizierter, nachhaltiger Waldbewirtschaftung endverbrauchergerecht aufbereiten (www.instagram.com/pefc_deutschland/ bzw. www.instagram.com/forsterklaert/).

Dirk Teegelbekkers Sie haben eine Frage?
Sie haben eine Frage?
Dirk Teegelbekkers
Dirk Teegelbekkers
Geschäftsführer