PEFC Deutschland kritisiert einseitiges Umweltgutachten des Sachverständigenrats für Umweltfragen (SRU)

PEFC-Vorsitzender Frank v. Römer: Gutachten "einseitig und tendenziös"

Die Kritik bezieht sich dabei auf Kapitel 6 „Umweltgerechte Waldnutzung“.

Stuttgart, 27.08.2012. PEFC Deutschland kritisiert das im Juni 2012 erschienene Gutachten „UMWELTGUTACHTEN 2012 – Verantwortung in einer begrenzten Welt“ des Sachverständigenrats für Umweltfragen (SRU) als einseitig und tendenziös. Die Kritik bezieht sich dabei auf Kapitel 6 „Umweltgerechte Waldnutzung“, insbsondere die Unterkapitel 6.2.4 „Forstwirtschaft“ sowie 6.4.5 „Zertifizierung der Holzproduktion weiter stärken“.

„Leider ist es für uns nicht nachvollziehbar, aufgrund welcher Kriterien der Sachverständigenrat für Umweltfragen zur Einschätzung kommt, dass FSC im Vergleich zu PEFC das stärkere bzw. `ökologischere´ System sei. Dies wird im Gutachten nicht weiter ausgeführt, sondern es werden lediglich stichpunktartig einzelne Punkte aus den Standards der beiden Systeme herausgegriffen und genannt. Eine ganzheitliche Betrachtungsweise der Standards und ihrer ökologischen, ökonomischen und sozialen Auswirkungen auf die Waldbewirtschaftung findet nicht statt. Für uns stellt sich das Gutachten somit als einseitig, unsachlich und tendenziös dar“, so der Vorsitzende von PEFC Deutschland, Frank v. Römer. „Die PEFC-Standards sind explizit darauf ausgelegt, Waldbewirtschaftung unter allen drei Komponenten der Nachhaltigkeit zu betrachten – der ökologischen, ökonomischen und sozialen Säule, während das Umweltgutachten lediglich einseitig eine ökologische Dimension der Waldbewirtschaftung herausgreift.“

Die Kritik von PEFC Deutschland steht damit in einer Reihe mit anderen forstlichen Verbänden und Wissenschaftlern - deutliche Kritik erntete das Gutachten bereits unter anderem in einer Stellungnahme der AGDW (Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände e.V.) vom 19.06.2012[1] sowie in einem offenen Brief von 14 Forstwissenschaftlern an die Mitglieder des SRU vom 27.07.2012[2]. Diese hatten neben fachlichen und wissenschaftlichen Fehlern bereits die Einseitigkeit des Gutachtens bezüglich etwa der Punkte Umtriebszeit, Naturnähe, Kohlenstoffspeicherung im Wald u.Ä. bemängelt und dabei ihrer Sorge darüber Ausdruck verliehen, dass in dem Gutachten ausschließlich eine naturschutzfachliche Sicht wiedergegeben wird. Auch die forstpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Dr. Christel Happach-Kasan, kritisierte in einer Pressemitteilung vom 23.08.2012[3] die waldpolitischen Empfehlungen des SRU-Umweltgutachtens als „realitätsfern“. Zudem setzt Happach-Kasan sich für die Gleichbehandlung der beiden Zertifizierungssysteme bei der Empfehlung des Umweltgutachtens ein: „Es sollte anerkannt werden, dass auch im Privatwald weitgehend eine am Gemeinwohl orientierte Bewirtschaftung der Wälder erfolgt. Die letzte Bundeswaldinventur hat dies gezeigt. Dies wird auch durch den hohen Anteil nach PEFC- oder FSC-Standard zertifizierter Wälder belegt. Beide Systeme haben ihre Stärken und sind in vielen wissenschaftlich geführten Vergleichen als im Wesentlichen gleichwertig eingestuft worden. Für Kleinwaldbesitzer ist jedoch nur die PEFC-Zertifizierung finanziell möglich. Auch der SRU sollte so viel Realitätssinn zeigen und diesen Umstand berücksichtigen“.

Die Empfehlungen des SRU stehen im Widerspruch sowohl zur Waldstrategie 2020 als auch zur Nationalen Strategie zur Biologischen Vielfalt der Bundesregierung. In der Waldstrategie heißt es: „Der Anteil nach hochwertigen ökologischen Standards zertifizierter Waldflächen (PEFC, FSC) soll bis 2020 weiter steigen. Die Verbraucher sollten ermuntert werden, solche Zertifikate für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung stärker bei ihren Kaufentscheidungen zu berücksichtigen.“

In der Nationalen Biodiversitätsstrategie wird konkret eine Zertifizierungsquote der heimischen Wälder von 80% als ein Indikator für nachhaltige Forstwirtschaft als Ziel angestrebt[4]. Die PEFC-Zertifizierung trägt dem Indikatorenbericht 2010 des Bundesumweltministeriums[5] zufolge mit rund 67% zertifizierter Waldfläche in Deutschland bisher maßgeblich zur Erreichung dieses Ziels bei (im Vergleich zu 5% FSC-zertifizierter Waldfläche in Deutschland).

Frank v. Römer betont weiterhin, dass Teile der PEFC- und FSC-Standards bzw. ihre Interpretation im Gutachten nicht korrekt wiedergegeben werden und damit zu der einseitigen Darstellung des jeweiligen Zertifizierungssystems beitragen:

1) So ist etwa die Behauptung des Gutachtens, dass bei FSC in Gegensatz zu PEFC „national alle zertifizierten Einzelbetriebe und Gruppen jährlich überprüft“ werden, nicht korrekt. Auch bei der FSC-Gruppenzertifizierung ist eine externe, unabhängige Kontrolle jedes einzelnen Betriebes nicht garantiert. Diese sieht lediglich ein Audit innerhalb von fünf Jahren vor, welches nicht unbedingt durch den externen Gutachter der Zertifizierungsstelle, sondern auch intern durch die Gruppenvertretung erfolgen kann.

2) Laut Gutachten sei der Einsatz von Bioziden in PEFC-zertifizierten Wäldern sowie eine maschinelle Bodenbearbeitung „prinzipiell möglich“, während diese Maßnahmen „unter FSC nur beschränkt bzw. gar nicht zulässig“ seien. Laut PEFC-Standards finden jedoch „Bekämpfungsmaßnahmen unter Anwendung von Pflanzenschutzmitteln […] nur als letztes Mittel bei schwerwiegender Gefährdung des Bestandes oder der Verjüngung und ausschließlich auf der Grundlage eines schriftlichen Gutachtens einer fachkundigen Person statt.“ Dies wiederspricht eindeutig einer behaupteten „prinzipiellen“ Möglichkeit, Biozide einzusetzen.
In den FSC-Standards findet sich zu diesem Thema folgende Beschreibung: „Die Waldbewirtschaftung fördert die Entwicklung und Anpassung von umweltfreundlichen, chemiefreien Methoden der Schädlingsbekämpfung und setzt im Wald grundsätzlich keine Düngemittel und chemischen Biozide ein. Pestizide nach Typ 1A und 1B der Weltgesundheitsorganisation, chlorierte Hydrokarbonate; persistente, toxische oder Pestizide mit biologisch aktiven, sich in der Nahrungskette anreichernden Abbauprodukten sowie alle durch internationale Vereinbarungen verbotenen Pestizide sind nicht zulässig.“ In der Praxis jedoch können jederzeit Ausnahmegenehmigungen zu dieser Regel bei FSC International beantragt werden[6]. Auch dies widerspricht der Darstellung im Umweltgutachten.

Bezüglich der maschinellen Bodenbearbeitung ist in den PEFC-Standards ebenfalls mitnichten eine „prinzipielle“ Möglichkeit vermerkt: „Zum Schutz des Bodens wird auf eine flächige, in den Mineralboden eingreifende Bodenbearbeitung und Vollumbruch verzichtet. Eine schonende Bodenverwundung sowie eine plätze- und streifenweise Bodenbearbeitung ist zulässig, wenn eine Verjüngung auf anderem Wege nicht möglich ist.“ Auch in den FSC-Standards sind – im Widerspruch zum Wortlaut des Gutachtens – maschinelle Bodenbearbeitungen nicht vollständig ausgeschlossen: „Bodenbearbeitungen greifen nicht in den Mineralboden ein. Die im Einzelfall erforderliche Freilegung des Mineralbodens erfolgt kleinflächig zur Unterstützung der angestrebten Verjüngung hin zu den Baumarten der natürlichen Waldgesellschaft. Eine Befahrung abseits der Erschließungssysteme ist dabei unter folgenden zwingenden Voraussetzungen zulässig: […]“

Das PEFC-Zertifikat ist zudem in den Beschaffungsrichtlinien des Bundes anerkannt und mit dem FSC-Zertifikat gleichgestellt. Dies wurde 2011 nach gründlicher Überprüfung durch vTI und BfN bestätigt. Auch die Regierungen anderer Länder wie Großbritannien, Niederlande, Schweiz, Dänemark oder Australien erkennen die PEFC-Zertifizierung neben der FSC-Zertifizierung als Nachweis für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung an.

PEFC

PEFC ist die größte Institution zur Sicherstellung nachhaltiger Waldbewirtschaftung durch ein unabhängiges Zertifizierungssystem. Holz und Holzprodukte mit dem PEFC-Siegel stammen nachweislich aus ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltiger Forstwirtschaft.

PEFC Deutschland e.V. wurde 1999 gegründet und entwickelt die Standards und Verfahren der Zertifizierung, stellt der Öffentlichkeit Informationen bereit und vergibt die Rechte am PEFC-Logo in Deutschland. PEFC ist in Deutschland das bedeutendste Waldzertifizierungssystem: Mit 7,3 Millionen Hektar zertifizierter Waldfläche sind bereits rund zwei Drittel der deutschen Wälder PEFC-zertifiziert.

Pressekontakt:

Catrin Fetz
PEFC Deutschland e.V.
Danneckerstraße 37
70182 Stuttgart
Tel.: 0711 / 24861820
[email protected]
www.pefc.de

Wir stellen gerne Fotomaterial zur Verfügung, welches in Verbindung mit dem Thema sowie mit dem Nachweis „PEFC“ honorarfrei ist. Über ein Belegexemplar freuen wir uns.


[1] http://www.agdw.org/index.php?option=com_content[&]view=article[&]id=150:guttenberg-kommentiert-umweltgutachten-des-sru[&]catid=11:pressemitteilungen[&]Itemid=119

[2] https://www.waldbau.uni-freiburg.de/news_events/offenen%20Brief

[3] http://www.happach-kasan.de/presse/pressemitteilungen/presse-single/2103-happach-kasan-waldpolitische-empfehlungen-des-sru-umweltgutachtens-sind-realitatsfern/

[5] http://www.bmu.de/naturschutz_biologische_vielfalt/downloads/doc/46696.php

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Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit