Frage der Woche: Der plastikfreie Wald
Welche Alternativen zu Kunststoffhüllen sind derzeit am Markt verfügbar, die mit dem PEFC-Standard konform sind?
Diese "Frage der Woche" wird fortlaufend aktualisiert. Aktueller Stand: 19.09.2023.
Frage: Der PEFC-Standard in der Version 2020 schreibt vor, dass Plastik bzw. Kunststoff im Wald vermieden werden soll. Aus meiner Sicht betrifft dies vor allem Einzel- und Verbissschutz in Form von Wuchshüllen. Welche Alternativen zu Kunststoffhüllen sind derzeit am Markt verfügbar, die mit dem PEFC-Standard konform sind?
Antwort: Um Rückstände von Mikroplastik im Wald zu vermeiden, sollen Waldbesitzende laut PEFC-Waldstandard alte kunststoffbasierte Materialien aus den Wäldern nach Gebrauch entfernen und fachgerecht entsorgen. Zudem sollen sie bei ihren waldbaulichen Maßnahmen bereits auf die Einbringung von erdölbasierten Kunststoffmaterialien möglichst verzichten. „Soweit am Markt verfügbar und wirtschaftlich vertretbar“ sollen Waldbesitzende und Forstleute dabei auf Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen setzen.
Dies betrifft nicht alleine Wuchshüllen, auch Fege-/Verbiss-/Schälschutz sowie Markierungsbänder, Netze und andere vergleichbare forstlich genutzte Materialien (aus erdölbasiertem Material) fallen unter diese Definition.
Bei allen genannten Materialien tragen Witterungsverhältnisse (z.B. Sonneneinstrahlung, Temperatur etc.) dazu bei, dass das Material spröde wird, abblättert und so als Mikroplastik im Wald verbleibt. Tritt dies auf, wird auch die vom PEFC-Standard geforderte Entsorgung der Materialien erschwert oder unmöglich.
Seit einigen Jahren beschäftigen sich Forschungsprojekte und auch erste Anbieter von forst- und landwirtschaftlich genutzten Materialien mit Alternativen zu bisherigen erdölbasierten Kunststoffmaterialien. Die Herausforderung in der Entwicklung dieser Alternativen besteht darin, ökologische Vorteile mit wirtschaftlichen und funktionalen Aspekten zu verknüpfen. Viele Anbieter befinden sich daher derzeit noch in einer Entwicklungs- und Optimierungsphase.
Im Folgenden geben wir einen Überblick über die derzeitige Forschungs- und Anbieterlage.
1. Allgemeine Hintergrundinformationen zu Alternativen:
Einen generellen Überblick über die Thematik „Plastik im Wald“ sowie einige erste Beispiele für am Markt erhältliche Alternativen geben folgende Beiträge:
Beitrag in AFZ DerWald 24/2023 (Marc Kubatta-Große): "Kein Plastik im Wald"
Beitrag in Forst+Technik 11/2023 (Marc Kubatta-Große): "Alles bio - oder?"
Beitrag in AFZ DerWald 10/2023 (Marco Reetz): "Ratlosigkeit im Rotwildrevier - plastikfreie Einzelschutzsysteme"
Beitrag in AFZ DerWald 10/2023 (Silke Feifel, Michael Rumberg, Sebastian Hein): "Ökobilanzielle Analyse von Verbissschutz am Beispiel von Zäunen"
Beitrag in AFZ DerWald 10/2023 (Andreas Hartkopf): "Nachwachsender Einzelschutz"
Beitrag in AFZ DerWald 05/2023 (Marco Reetz): "Noch mehr Holz statt Plastik"
Beitrag in LWF aktuell 132 / LWF 01/2022 (Stefan Tretter, Paul Dimke und Wolfram Rothkegel): Kunststoffe: Auch im Wald ein Thema. Zugriff unter:
https://www.lwf.bayern.de/waldbau-bergwald/295519/index.php
BR24-Bericht vom 25.06.2021: Mikroplastik: Zahllose Baumwuchshilfen belasten die Wälder.
https://www.br.de/nachrichten/bayern/mikroplastik-zahllose-baumwuchshilfen-belasten-die-waelder
Beitrag in Forst+Technik 05/2022 (Oliver Gabriel): „Einzelschutz“.
YouTube-Video der Waldbesitzervereinigung Neuburg SOB: Alternativen im plastikfreien Wald
https://www.youtube.com/playlist?list=PLvi83j2Hp6lI5OgWjN_Kq8nD4efDAVqDY
BR-Bericht 07/2022 (Unser Land): Wuchshüllen aus Kunststoff – wie umweltschädlich ist Mikroplastik im Wald
https://www.youtube.com/watch?v=Ki4vPNr6_vE
Rückblick zum Fachdialog „Plastikreduktionsstrategie Wald“ / 2021 (Holz-Zentralblatt)
https://www.researchgate.net/publication/353181776_Thema_kein_Plastik_im_Wald_gewinnt_an_Brisanz_Holz-Zentralblatt
2. Konkrete Alternativmöglichkeiten, die derzeit am Markt erhältlich sind:
Die folgende Liste zeigt Beispiele von Anbietern bzw. Möglichkeiten, wie Verbissschutz aus nicht-erdölbasierten Materialien derzeit im Forstbetrieb eingesetzt werden können. Sie ist nicht als abschließende Aufzählung zu verstehen* und ebenfalls nicht mit einer Kaufempfehlung seitens PEFC Deutschland gleichzusetzen. Vielmehr soll sie Waldbesitzende bei der Recherche nach Alternativmöglichkeiten unterstützen:
- ARBOTRADE aus nachwachsenden Rohstoffen www.arbotrade.de
- Dendron Schutzhülle https://www.walthmeyer.de/Produkt.html
- MK-Hüllen (biologisch abbaubar aus regionalem Holz) des Sägewerks Martin Knoll in 86865 Markt Wald, Immelstetten; vertrieben über Baumschulen Haage
- Wuchshülle "Salix" / Freitag WeidenArt https://www.freitag-weidenart.com/wuchshuelle/
- Wiederverwendbarer Metallschutz “Gromm”: https://www.faz.net/aktuell/technik-motor/technik/ein-wiederverwendbarer-und-leicht-anzubringender-verbissschutz-namens-gromm-17330198.html
- Eschlbeck-Wuchshülle: https://www.holzkurier.com/rundholz/2020/09/wuchshuelle_aus_furnierstattplastik.html
- Sprossenschützer Bernd Schairer UG: https://sprossenschuetzer.de/
- VEFE Brennerforst: https://shop.brennerforst.de/de/namenlos.html
- Kehlheimer Setzlingsschutz https://www.forstpraxis.de/der-kelheimer-setzlingsschutz-jute-statt-plastik/
- Bald erhältliche Wuchshüllen aus dem Forschungsprojekt TheForestCleanup: https://theforestcleanup.de/
Derzeit wird unter der Beteiligung von Forstleuten, Wuchshüllen-Herstellern, Materialentwicklern und Prüflaboren eine sog. DIN-SPEC Norm erarbeitet, welche Anforderungen und Prüfungen für biobasierte und biologisch abbaubare Wuchshüllen definiert. Mit der Norm soll später auf einen Blick erkennbar sein: Ist die Wuchshülle nach „DIN SPEC xxx“ produziert/zertifiziert, besteht aus umweltökologischen Gründen keine Notwendigkeit des Rückbaus. Nähere Informationen dazu finden Sie hier:
*Redaktionelle Vorschläge zu weiteren passenden Alternativen können Sie gerne an [email protected] schicken.
PEFC-Videosprechstunde zum Thema "Der kunststofffreie Wald"
Zu diesem Thema haben wir auch eine Videosprechstunde durchgeführt - hier können Sie das Video mit weiteren Empfehlungen und einem Expertenbeitrag von Prof. Dr. Sebastian Hein, Projektleiter „TheForestCleanup“, Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg, nachsehen: